impulse
Face to Face

Play It Loud, I’m Proud

Interview mit Pee Wee Ellis

So arg viele Saxofonisten wurden heuer auf dem Jazz Fest Wien noch nicht gesichtet. Grund genug mit dem Tenorsaxofonisten Pee Wee Ellis das Gespräch zu suchen.

Pee Wee Ellis

In den wenigsten Jazz-Lexika taucht sein Name auf. Trotzdem hat sein Name einen guten Klang. Denn der Mann mit der weichen, hellen Stimme, der sein Tenorsaxofon mit gewaltiger Kraft blasen kann, hat sich seine Meriten nicht in der Jazz-Szene, sondern beim Godfather of Soul, James Brown in den sechziger Jahren erworben. Mit Maceo Parker und Fred Wesley bildete er die JB Horns und war für die scharfen, stakkato-artigen Bläsersätze als auch für einige Hits Browns verantwortlich. Von allen großen Soulstars, ob nun Solomon Burke, Wilson Pickett oder Ray Charles, war es Brown, der die meisten Afrikanismen in seine Musik inkorporierte. Die unbedingte Tanzbarkeit, die Polyrhythmik, die hypnotische Kraft des Grooves und die einpeitschenden Bläsersätze legen ein mehr als deutliche Spur nach Afrika.
Heute kehrt Pee Wee Ellis mehr und mehr zu seinen Anfangsjahren zurück. Schließlich begann sein Leben nicht bei Brown. Heute zeigt er, was er bei seinem Lehrer Sonny Rollins gelernt hat und später bei Van Morrison oder in Zusammenarbeiten mit dem afrikanischen Bluesmann Ali Farka Touré und der großartigen Mali-Queen Oumou Sangaré perfektioniert hat.

Zum Zeitpunkt des Gesprächs steht er zum zweiten Mal innerhalb eines viertägigen Gastspiels im Rahmen des Jazz Fest Wien auf der Bühne von Wiens ältestem Jazz-Club, dem Jazzland. Keine Frage, begleitet vom wie immer bravourös aufspielenden Fritz Pauer Trio, bläst er an diesem Abend eines der zupackendsten und swingendsten Saxofone westlich des Urals, und noch liegen zwei Abend vor ihm. Dem Publikum haben es vor allem die rhythmisch intensiven Titel von Cannonball Adderley angetan, kein Wunder, denn Adderleys sing- und tanzbarer Souljazz gehört immer noch zum Großartigsten der Jazz-Geschichte und war in den sechziger Jahren die zugänglichste Brücke zur Musik des schwarzen Kontinents, die der Jazz zu bieten hatte. Joe Zawinul wusste, für wen er „Mercy, Mercy, Mercy“ schrieb, und Pee Wee Ellis weiß um die Macht singbarer Melodien und federnder Grooves.

impulse Alle Welt weiß um den Einfluss von Ihnen, Fred Wesley und Maceo Parker auf die Musik von James Brown. Aber wo kommt Ihr Einfluss her?
Pee Wee Ellis Vom Jazz. Alles kommt vom Jazz. Bei mir war es vor allem der Einfluss von Sonny Rollins.
impulse Welchen Einfluss hat die Musik Afrikas auf Ihre Musik gehabt?
Pee Wee Ellis Anfänglich keinen großen. Jedenfalls nicht, dass ich wüsste. Später jedoch …aber ich glaube, das ist eher eine unbewusste Geschichte.
impulse Sie haben mit Ali Farka Touré, dem großartigen Griot, Sänger und Gitarristen aus Mali auf seinem letzten zu Lebzeiten aufgenommenen Album Savane (2006) zusammengearbeitet. Wie war das?
Pee Wee Ellis Oh, das war eine tolle Erfahrung. Er war ein so großartiger Mensch und Musiker. Ich würde mich als sein Sohn bezeichnen. Aber das Ganze war die Idee von Nick Gold, dem Produzenten und Chef von dem Label World Circuit. Er brachte mich auch mit Oumou Sangaré zusammen …
impulse …der fantastischen Sängerin aus Mali. Nick Gold ist auch der Mann, der den Buena Vista Social Club aus Kuba für den Westen entdeckte.
Pee Wee Ellis Richtig. Mich brachte er auch mit kubanischen Musikern zusammen, mit Cachaito Lopez!
impulse: Als die Jazz-Sängerin Dee Dee Bridgewater vor einigen Jahren für eine Aufnahme nach Mali kam, sprach sie davon „nach Hause gekommen zu sein“! Hatten Sie ähnliche Gefühle bei Ihrem Afrika-Aufenthalt?
Pee Wee Ellis (lachend) Nein, nein, wissen Sie, wo mein Zuhause ist? In Rochester, New York. Ich glaube, mein afrikanisches Erbe ist eher eine unbewusste Sache.
impulse Sie traten vor einiger Zeit in London auf einem Festival mit dem schönen Titel „Still black, still proud“ auf.
Pee Wee Ellis Ja, das war eine schöne Sache. Für mich war das, als hätte sich ein Kreis geschlossen.
impulse Immerhin waren Sie der Mitkomponist von James Browns „Say It Loud, I’m Black And Proud. Aber wie ist es heute? Die Schwarzen haben immer noch die Musik, ihren Stolz und wenig Macht. Aber die, die Macht im Musicbusiness haben und die meisten Musikkritiker sind weiß.
Pee Wee Ellis So ist es . Aber das ist halt die Politik!
impulse Welches Lied würde Sie zu einer guten Tat inspirieren und welche wäre das?
Pee Wee Ellis „St. Thomas” von Sonny Rollins, und damit würde ich mir wünschen, dass alle Menschen einander lieben!
impulse Danke!
(Harald Justin)

Live Jazz Fest Wien: Pee Wee Ellis & Fritz Pauer Trio 5.–8. Juli 2011, Jazzland
Hot stuff CD / Pee Wee Ellis: From Jazz To Funk