Asiatisches Festspiel
Dwiki Dharmawan World Peace Ensemble | Youn Sun Nah Duo
Am Sonntag nimmt das Jazz Fest Wien eine besonders aparte, exotische, aber doch auch vertraute Note an.
Mit dem indonesischen World Peace Ensemble von Dwiki Dharmawan und dem Duo der koreanischen Sängerin Youn Sun Nah treten auf dem Jazz Fest Wien Gäste auf, die einen denkbar langen Weg zum Jazz hinter sich haben.
Dass der Jazz in Asien so schwer zu bekommen ist, dürfte bekannte Gründe haben: Je nach Leidschatz und Wissen ist er die Musik von Befreiern oder Besatzern; er ist die Musik, die mit amerikanischen Soldaten ins Land kam, den Traum vom fernen Wunderland kündete oder die Apokalypse mit sich brachte, die einheimische Musiktraditionen zerstörte oder befruchtete.
Dwiki Dharmawan hat das Beste aus dieser Lage zu machen versucht: Fasziniert vom amerikanischen Jazzrock, hat er sich in den frühen achtziger Jahren für eine Synthese zwischen Jazzrock und den Musiktraditionen seiner Heimat entschieden. Als Mischung zwischen indonesischer „Gamelan-Musik und Weather Report“ bezeichnen Kritiker das Produkt, und die Fans in Indonesien feiern ihn als ihren Wegbereiter einer neuen indonesischen Musik, die den Anschluss an den Westen sucht – und sogar gefunden hat, nicht zuletzt, weil in seinem World Peace Ensemble immer wieder internationale Gäste mitspielen.
Foto: Sung Yull Nah
Youn Sun Nah, die 1969 in Seoul geborene Sängerin, scheint eine gänzlich unverstellte Sicht auf die Musik und den Jazz zu haben. Vielleicht ist es eine Generationenfrage, dass sie, die in Paris studierte, sich ohne größere Umwege und von fernöstlichen Traditionen scheinbar unberührt, den Chansons Jacques Brels oder den Songs von Tom Waits nähern kann. Feinziselierter Pop-Jazz, international anschlussfähig, den zelebriert sie mit zarter, dann eben doch auch vermutlich typisch asiatischer Eleganz.
Dass sie dabei von dem großartigen schwedischen Gitarrist Ulf Wakenius begleitet wird, der dem Jazz sowieso und Wien insbesondere durch seine Arbeit mit dem radio.string.quartet.vienna schon lange verbunden ist, ist eine andere Geschichte, die ein anderes Mal erzählt werden soll!
Hier soll jetzt aber nicht unerwähnt bleiben, dass die Gäste aus Fernost, die mittlerweile eine feste Option beim Jazz Fest Wien sind, es dem Musikliebhaber noch einmal erlauben, eine neue Perspektive auf den Jazz zu werfen und den Blick über den eigenen Tellerrand zu erheben.
Das ist durchaus buchstäblich zu verstehen, denn wer mit dem Jazz einmal um die Welt kommen will, braucht feste Kost und viel Flüssignahrung. Erinnern wir uns: das diesjährige Jazz Fest Wienbegann mit dem Hühnchenrezept von Marianne Faithfull. Es gab Kapverdischen Eintopf mit Cesaria Evora, und Gumbo, Red Beans and Rice aus New Orleans. Die Gäste aus Fernost werden ihrerseits beim Freikonzert im Arkadenhof fernöstliche Spezialitäten anbieten und so möglicherweise ganz unerwartet auch den letzten Reisenden zwischen den Musikwelten davon überzeugen, das Jazz und Kulinarik nicht von einander zu trennen sind.
Jedem, der seinen Eintopf eh lieber zur Musikbegleitung und mit Freunden genießt, kommen solche Töne natürlich längst vertraut vor. Aber es stimmt froh, sie noch einmal bestätigt zu bekommen, gerade auch von Gästen, die von weit her kommen.
(Harald Justin)